Meine Wahlinfo

Die Kandidatinnen und Kandidaten zur Gemeindewahl am 07. November hatten am vergangenen Donnerstag ihren Wahlflyer beim Wahlausschuss abzugeben. Da es aber noch etwas dauern wird bis das Sonderheft unseres Gemeindeblatts erscheint und ich gerne einen inhaltlichen „Wahlkampf“ führen möchte, veröffentliche ich hier meine Wahlinfo auf deutsch und auf russisch (für letzteres danke ich sehr meiner Frau und meiner Schwiegertochter).

Wahl Info

Wahl Info RU

2 Gedanken zu „Meine Wahlinfo“

  1. Lieber Miguel,
    zu einem Punkt aus Deinem Wahlprogramm „Einheitsgemeinde“ hätte ich gerne eine ausführliche Erklärung, wie dieser Vorschlag zu verstehen wäre. Ich persönlich möchte keine Gemeindemitglieder willkommen heißen, wenn diese sich plötzlich jüdisch fühlen und in der SGK eine Mitgliedschaft anstreben. Der Begriff Einheitsgemeinde lässt sich leider sehr weit interpretieren.
    Danke
    VG

    1. Lieber Anatoli,

      vielen Dank für Deine Nachfrage. Du hast mich um eine ausführliche Erklärung gebeten, wie meine Aussage zur Einheitsgemeinde zu verstehen sei. Du möchtest keine Gemeindemitglieder willkommen heißen, wenn diese sich plötzlich jüdisch fühlen und in der SGK eine Mitgliedschaft anstreben. Der Begriff Einheitsgemeinde lässt sich – so schreibst Du – leider sehr weit interpretieren.

      Das ist genau der Punkt – die „Einheitsgemeinde“ ist weit zu interpretieren, weil sie tatsächlich alle Juden umfasst. Anders als in den meisten Staaten der Welt, in denen es ultraorthodoxe, orthodoxe, Chabad, konservative, liberale, egalitäre Gemeinden gibt, haben wir im deutschsprachigen Raum seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die sogenannte „Einheitsgemeinde“. Ich finde allerdings nicht „leider“.

      Die Kölner Synagogen-Gemeinde hat die Idee der Vielfalt bereits im Namen. Das „N“ am Ende von Synagoge meint die Pluralform, weil sich unter dem Dach der Gemeinde eine Vielzahl von Gemeinden unterschiedlicher Richtung versammeln. Das war so vor der Schoah und scheiterte nach der Schoah an der kleinen Zahl der Gemeindemitglieder. Bei nur einer Synagoge und nur einem Rabbinat folgen die meisten Gemeinden der orthodoxen Richtung, weil ein „liberaler“ Jude zwar einem orthodoxen G´ttesdienst folgen kann, umgekehrt ist dies nur schwer möglich.

      Die Kölner Gemeinde hat sich daher in den sechziger bis neunziger Jahren oft als orthodox geführte Einheitsgemeinde bezeichnet, einige Vertreter der Gemeinde sprechen mittlerweile von der orthodoxen Einheitsgemeinde – das ist in meinen Augen ein Widerspruch in sich selbst.

      Der Zentralrat umschreibt es auf seiner Webseite so: „„Einheitsgemeinde“ wird heute idealtypisch als eine Organisationsstruktur verstanden, die unterschiedliche Strömungen des Judentums unter einem Dach vereint und ihnen Platz bietet: Eine Gemeinde mit mehreren Minjanim und/oder Synagogen. In der Regel werden die Gemeinden traditionell geführt – stehen aber allen Denominationen offen.“

      Schauen wir uns Köln an und kommen damit zu meiner Aussage. In Köln gibt es die Synagogen-Gemeinde Köln und seit 1996 eine Jüdische Liberale Gemeinde, die sich Gescher LaMassoret nennt. Sie ist Mitglied der „Union progressiver Jüdinnen und Juden“ in Deutschland, ihre Rabbinerin Natalia Verzhbovska ist Mitglied der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK), einem Gremium des Zentralrates. Dieses unterhält ein Bet Din (Rabbinatsgericht), das vom Zentralrat sowie von allen liberalen jüdischen Gemeinden weltweit und vom Staat Israel in Bezug auf die Einwanderung anerkannt ist.

      Meine Forderung ist nun, „dass wir uns als echte Einheitsgemeinde öffnen, damit jeder in Köln mit seinem Verständnis des Judentums Mitglied unserer Gemeinde sein kann“. Das bedeutet, ich möchte, dass jede Jüdin, jeder Jude, der sich einem vom Zentralrat anerkannten Bet Din unterwerfen kann, auch Mitglied unserer Gemeinde sein kann. Ich möchte, das jede Jüdin und jeder Jude für sich selbst definieren darf und soll, ob und wie er sich als Jude identifiziert (dies hat übrigens der orthodoxe Rabbiner David Bollag (in den neunziger Jahren Rabbiner in Köln) vor ein paar Wochen in der schweizer, jüdischen Zeitschrift Tachles geschrieben). Und selbstverständlich möchte ich, dass diese echte Einheitsgemeinde weiterhin jedem orthodoxen Juden seinen Freiraum gibt, wie ich erwarte, dass dies auch gegenüber liberalen Juden geschieht.

      Es geht dabei nicht um Menschen, die „sich plötzlich jüdisch fühlen“, sondern um anerkannte Jüdinnen und Juden, die entweder eine jüdische Mutter haben oder, falls sie übergetreten sind, dies vor einem anerkannten Rabbinatsgericht getan haben.

      Aber es gibt noch einen Punkt: ich halte diese Frage für so wichtig, dass ich sie auf Platz eins meiner Wahlvorstellungen gesetzt habe. Sie ist auch wichtig für unsere Gemeinde. Wer überlegt, die heutige Situation zu ändern, muss dies in der Gemeinde, mit der Gemeinde offen, das heißt transparent diskutieren. Die Gemeindemitglieder müssen auf diesem Weg mitgenommen werden – bei diesem Thema ist kein Platz für Hinterzimmerverhandlungen! Der Vorstand muss – noch vor dem 07. November – offen sagen, was er plant.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert